Königswartha im April 1945                                                                                                                 30.09.2018

Ein kurzer Rückblick soll uns an das Leid und Elend erinnern, das dieser Krieg auch in unserer Heimat verursacht hat.

Mit Recherchen von Horst Kschischank und Auszügen aus der Chronik von Johannes Ssyckor:

„… Traurige und schwere Zeiten kamen auch für die Bevölkerung von Königswartha. Am 19. April 1945 mussten sich die Bewohner auf die Flucht begeben. Die Glocken läuteten und mahnten zum Aufbruch. Der ganze Marktplatz war voll von Kraft-, Last- und Handwagen sowie Kinderwagen. Manche nahmen nur das mit, was sie persönlich schleppen konnten. …“

In Begleitung von Pfarrer Uhlmann ging es auf die Flucht. Immer weiter und weiter begaben sich die Flüchtenden. Bis über die Elbe, in die Sächsische Schweiz nach Bad Schandau, Königstein und Bielatal sollte es sie verschlagen.

Die Einwohner von Hermsdorf, Weißig und Steinitz wurden bereits am 17. April zur Flucht aufgerufen, am 18. April die Gemeinde Wartha.

Lt. Commerauer Chronik war am 20. April das ganze Dorf mit Gespannen den ganzen Tag im Wald.

Die Schlacht um Bautzen beschränkte sich nicht nur unmittelbar auf die Stadt Bautzen selbst, sondern betraf auch die nordöstlich gelegenen ländlichen Gebiete. Die Kämpfe begannen am 21. April und dauerten bis zum 26. April. Vereinzelte Zusammenstöße gab es noch bis zum 30. April.

Am 25. April 1945 stießen an der Elbe US-amerikanische Truppen auf sowjetische Truppen. Am 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht in Kraft, der Krieg in Europa war damit beendet.

Und bis zum 8. Mai dauerten auch diese unfreiwilligen und entbehrungsreichen Tage und Nächte an, dann ging es wieder zurück in die heimatlichen Dörfer.

Am 21. Mai standen viele Rückkehrer nur noch vor Trümmern.

 „… Welch trauriges Bild bot aber Königswartha den Heimkehrern, hatten doch dort schwere Kämpfe stattgefunden. Überall standen schwarze Ruinen und viele Wohnhäuser und Scheunen lagen in Schutt und Asche. … So hatten viele Königswarthaer all ihr Hab und Gut verloren. Auch alle von den Bürgern eingegrabenen und versteckten Wertsachen und Lebensmittel waren gefunden und ausgegraben worden. Der Chronist (F. Petermann) und der Pfarrer Uhlmann hatten auf dem Friedhof ein Grab ausheben lassen. In zwei große Kisten wurden die Personalakten von Kirche und Standesamt gepackt und in das Grab gestellt. Der Pfarrer und Kirchendiener Funke setzten noch eine Wanne mit Kleidungsstücken darauf. Alles wurde mit Pappe bedeckt und das Grab wieder zugeworfen. Doch leider fand man auch dieses Versteck. Die Wanne mit den Sachen war verschwunden, nur die Kisten mit den Büchern hatte man stehen lassen. Auch die zwei silbernen Leuchter und das Kruzifix, welche sich in einem Sacke befanden,  hatte man nicht gefunden. Die frischen Gräber des Schneidermeisters  Ernst Schulze und eines Soldaten waren bis auf die Särge ausgegraben. Aus vielen Wohnungen waren Möbel und Kleidungsstücke geplündert oder verschleppt worden. …“

Rechts: Das Geschäftshaus Wusch (mit Frisör, Klempnerei,
Schuhwaren und Textilien) heute Hauptstraße 19 (Textilgeschäft Bormann),
vor dem Krieg.
Links daneben (X) das Geschäftshaus Lorz, das total zerstört war und
nicht wieder aufgebaut wurde.

 

Das völlig zerstörte Geschäftshaus Wusch nach dem Krieg.

 


Das alte Rathaus an der Hauptstraße hatte den Krieg „überlebt“; die Ruine im Vordergrund, zuvor Wohnhaus von Max Hettmann, ist heute Wohn- und Geschäftshaus an der Hauptstraße 39.

Kriegsschäden 1945 in Königswartha, aufgelistet von Horst Kschischank:

Nr. jetzt/ Hauptstraße                  Name                                   Schaden              und danach       

19           Geschäftshaus                 Wusch, Paul                      Totalruine           Neubau

-              Geschäftshaus                 Bläsche, August                                         Totalruine           -

-              Geschäftshaus                 Lorz, August                      Totalruine           -

26           Wohnhaus                         Wusch, Max                      ausgebrannt      Aufbau

33           Wohnhaus                         Schörbel, Max                  ausgebrannt      Aufbau

37           Wohnhaus                         Schmidt, Curt                    ausgebrannt      Aufbau

39           Wohnhaus                         Hettmann, Max                  ausgebrannt      Aufbau

-              Wohnhaus                         Kunath, Max                     Totalruine           -

41           Wohnhaus                         Zug, Paul                           Totalruine           Aufbau

-              Wohnhaus                         Suschke, Otto                   Totalruine           -

43           Wohnhaus                         Pieper, Albert                   ausgebrannt      Aufbau

45           Wohnhaus                         Müller, Otto                      ausgebrannt      Aufbau

48           Geschäftshaus                 Wels, Georg                      Totalruine           Neubau

50           Geschäftshaus                 Zschech, Paul                    Totalruine           Ausbau Nebengebäude

60           Wohnhaus                         Kschischenk, Paul           ausgebrannt      Aufbau

65           Wohnhaus                         Buder, Richard                 ausgebrannt      Aufbau

Nr. jetzt/ Bahnhofstraße            

6             Gasthaus                            Boden, Paul                       Totalruine           Neubau

7             Geschäftshaus                 Buhl, Ernst                         Totalruine           Neubau

8             Wohnhaus                         Hermann, Ernst               ausgebrannt      Aufbau

9             Wohnhaus                         Melde                                  Totalruine           Neubau

10           Wohnhaus                         Mickel                                  ausgebrannt      Neubau

13           Wohnhaus                         Elle, Paul                             ausgebrannt      Aufbau

  

Nr. jetzt/ Am Marktplatz______________________________________________________________

20           Wohnhaus                         Dörfer, Fritz                       Granateinschlag

 Nr. jetzt/ Konsumstraße –Schmale Gasse________________________________________________

1             Wohnhaus                         Buhl, Ernst                         ausgebrannt      Aufbau

 Nr. jetzt/ Gartenstraße_______________________________________________________________

7             Wohnhaus                         Schulze, Richard              ausgebrannt      Aufbau

 Nr. jetzt/ Neue Straße________________________________________________________________

22           Wohnhaus                         Kieschnick, August         ausgebrannt      Aufbau

 Nr. jetzt/ Hermsdorfer Straße__________________________________________________________

37           Wohnhaus                         Dschietzig, Johann          ausgebrannt      Aufbau

 Nr. jetzt/ Tannenweg_________________________________________________________________

15           Wohnhaus                         Alter Kindergarten         ausgebrannt      Aufbau

 Nr. jetzt/ Neudorfer Straße____________________________________________________________

9             Wohnhaus                         Sturm, Erich                       Totalruine           Ausbau Nebengebäude

 

„… Die Wohnungsnot war sehr groß. Später kamen auch Schlesier hier her und mussten untergebracht werden.

Mit der Ernährung sah es auch sehr schlimm aus; keine Kartoffeln, kein Brot.

Waren während der Kampfhandlungen schon viele Menschen ums Leben gekommen, so nahm die Sterblichkeit durch die schlechte Ernährung sehr zu.

Der Schreiber musste als Standesbeamter 1945 in das Sterbebuch

97 Todesfälle

verbuchen.“

Soweit berichtete Herr Felix Petermann

1945 ging es vor allem auch um Probleme der Ernährung. So stand 14 Tage lang kein Brot zur Verfügung. Die neue Getreideernte wurde sehnsüchtig erwartet. Nur unter höchster Lebensgefahr konnten die Bauern ihre Felder betreten, da diese mit Minen belegt waren.Auf dem Gelände der ehemaligen nazistischen Munitionsanstalt erfolgten Sprengungen noch bis zum Jahre 1947.Die sowjetische Kreiskommandantur sorgte dafür, dass die Minen entschärft und eingesammelt wurden und dass den Bauern die Ernteerträge nicht auf den Feldern geplündert wurden. Dazu setzte man auch in Königswartha Flurwachen ein.

Im August 1945 erhielten die Bauern erstmalig Ablieferungsbescheide, wonach sie spätestens bis zum 31. Oktober das veranlagte Getreide abzuliefern hatten.

Für die Zeit vom 28.5. bis 24.6.1945 waren die ersten Verpflegungsrationen, die jeder Person für eine Woche zustanden, in folgender Höhe festgelegt worden:

1700 g Brot

150 g Fleisch

125 g Fett

50 g Nährmittel

25 g Kaffee-Ersatz

 Für den Monat September 1945 erhielt der Normalverbraucher:

 8000 g Kartoffeln

5000 g Brot

1000 g Quark

500 g Salz

250 g Zucker

125 g Kaffee-Ersatz

100 g Leinöl

100 g Gerstenmehl

75 g Teigwaren

 Ende der Aufzeichnungen von Ortschronist Johannes Ssyckor