Commerau, nicht das große an der B156, nein das
kleinere inmitten einer herrlichen Landschaft mit Teichen und Wäldern, das
„zerrissene „ Commerau meine ich.
Im 13. Jahrhundert wurde unser Dorf erstmalig in
Schriften erwähnt. Damals gehörte es zur Herrschaft Neschwitz. Im Laufe der
Geschichte änderte sich die Herrschaftszugehörigkeit öfter und in diesem
Zusammenhang wurde das Dorf auch geteilt, do dass ein Teil zu Neschwitz
gehörte, der andere zu Wartha und später wieder zu Königswartha. Vielleicht
spricht man deshalb vom „zerrissenen „ Commerau. Der Name Commerau, was
soviel heißt wie das Dorf der Mücken , ist jedenfalls gerechtfertigt, denn
Sümpfe und Gewässer und damit auch Mücken gab es hier schon immer.
Bis in die 70-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts
feierten wir deshalb im Sommer am Mühlteich das Mückenfest. Das Fest war
beliebt und das nicht nur bei den Commerauern.
Leider brannte aber die Mückenbaude, so nannte man die kleine Hütte am
Teich, ab und damit endete die Tradition der Mückenfeste. Einige Jahre
später ließ aber die Commerauer Jugend die Tradition wieder aufleben und
heutzutage findet jährlich ein
Dorffest auf unserem Commerauer Sportplatz statt. Ebenso findet das
jährliche „Hexenbrennen“ und das Zampern zum Fasching statt, wo auch mal ein
sorbisches Lied erklingt.
Abgebrannt ist in Commerau
nicht nur die Mückenbaude, in den vergangenen Jahrhunderten hat es öfter
gebrannt, manchmal ist fast das ganze Dorf abgebrannt, nur nicht das vom
Kaufmann Elle.
Heute wohne ich in diesem Haus mit meiner Familie und mein Großvater und
meine Großmutter erzählten mir von einer Zigeunerin, welche das Haus
gesegnet hatte, weil Elles schon immer hilfsbereite und freundliche Leute
waren, welche allen geholfen haben die Hilfe benötigten, so auch einmal
kranken Zigeunern.
Ich kann das bestätigen. Meine Großeltern waren
herzensgute Menschen und ich hatte eine sehr harmonische Kindheit. Mein
Großvater war Dorfsanitäter und jeder der krank oder verletzt war im Ort kam
zuerst einmal zu Elles Onkel, welcher die Wunden versorgte und bei Krankheit
guten Rat wusste. Meine Großmutter lebte bis zu ihrem Tode im Alter von 97
Jahren in meiner Familie und meine Kinder denken noch mit viel Liebe an sie.
Aber abgebrannt ist unser Haus nicht und deshalb
musste 1910 ein neues gebaut werden. Den Kaufmannsladen gab es im neuen
Haus nicht mehr. Ich kann mich aber besinnen, dass ich als kleine Mädchen
mit Blattgold gespielt habe. Gold war es sicher nicht aber Überbleibsel vom
Kaufmannsladen, ebenso das Gewölbe auf dem Hof. Es wurde als ebenerdiger
Keller für die Lagerung von Schnaps benutzt.
Wir lagern in ihm heute unsere Kartoffeln und Rüben für
den Winter.
Früher war Commerau ein rein sorbisches, evangelisches
Dorf, zum Königswarthaer Kirchspiel gehörend.
1884 hatte Commerau 1884 sorbische Einwohner. Die
Dorfansicht entsprach damals der anderer sorbischer Siedlungen mit sehr
breiter Dorfstraße und einem Anger mit Linde.
Der Dorfanger wurde 1873 vom Bürgermeister Georg
Schieback an die anliegenden Bauern verkauft . So entstanden die heutigen
Vorgärten und die Dorfansicht veränderte sich grundlegend.
1822 wurde im Unterdorf die Alte Schule gebaut, aber
schon 1869 die Neue im Oberdorf. Der Schulweg wurde dadurch für die
Truppener Kinder kürzer.
Bis zum Jahre 1957 hatten wir in Commerau unsere Schule
und auch einen Bürgermeister.
Das Schulgebäude wurde später als Kindergarten genutzt, heute gehört es der
Familie von Gottfried Elle und dort ist auch raum in dem wir unsere
Domowina- Veranstaltungen durchführen.
Domowina und sorbische Vereine wie der „Sokoł“
gehörten zu Commerau ebenso wie die Eisenbahn.
Die Eisenbahnstrecke wurde 1908
eröffnet .Die Commerauer konnten bis 1967 mit dem Zug nach Bautzen oder
Hoyerswerda fahren und sich damit etwas mit der großen Welt verbunden
fühlen. Demnach konnte ich die ersten Jahre meiner Schulzeit an der
Sorbischen Erweiterten Oberschule noch mit dem Zug nach Kleinwelka fahren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich auch in Commerau manches.
Als die Domowina am 10. Mai 1945
wiedergegründet wurde, entstand auch in Commerau wieder eine Domowina-
Ortsgruppe unter dem Vorsitz von Hermann Schudack.Viele Jugendliche wurden
damals Mitglied der Domowina.In dieser Zeit entstand auch eine kleine
Kulturgruppe. In ihr dufte nun wieder nach der Zerschlagung des Faschismus
in sorbischer Sprache gesungen werden. Diese Gruppe leitete Herr Benad,
genannt Schneider Benad.Ich kann mich erinnern dass meine Mutter zu Benads
zum Singen gegangen ist. Ebenfalls existierte damals eine sorbische
Laienspielgruppe und die Spieler stellten sich ertsmals mit dem Theaterstück
“ Streit wegen der Eiche “ in Commerau, aber auch in Sollschwitz bei
Wittichenau und in Milkel.
Weil es damals kaum solche Stücke in
Sorbisch gab, schrieb es Herr Benad.
Weitere Stücke folgten, so auch “
Flüchtlinge” von Jurij Brěsan welches sich mit der Problematik von in
Tschecien arbeitenden Sorben beschäftigte.Diese Stück wurde in Commerau,
Neschwitz und Steinitz aufgeführt.
Die Commerauer Jugend half damals
auchbeim Aufbau der zerstörten sorbischen Dorfes Caßlau und beim Aufbau des
Hauses der Sorben in Bautzen.Für die Kanalisation gruben sie Rohre in der
ehemaligen Munitionsfabrik “Muna” in Königswartha aus .Dafür wurde die
Gruppe mit dem Ehrenzeichen ausgezeichnet.
An der Kultur- und Jugendarbeit
beteiligten sich nun auch die “Umsiedler”. Sie und auch andere Dorfbewohner
hatten nun die Möglichkeit an den Abenden in Sprachkursen Sorbisch zu lernen
oder die Kenntnisse zu verbessern.
Diese Kurse wurden damals von jungen
Lehrern und Neulehrern durchgeführt.
Ungefähr 60 Jahre später gibt es in
Commerau wieder Sorbischkurse.Im Januar 2010 wurde der 4. Kurs “Sorbisch
für Erwachsene” beendet. An insgesamt 60 Abenden lernten 5- 8 Personen
Sorbisch.
Die Domowina- Ortsgruppe Commerau/
Truppen ist auch heute noch eine starke gesellschaftliche Kraft und
organisiert verschiedene Veranstaltung.
Gegenwärtig hat sie 17 Mitglieder aber
zu den Veranstaltungen kommen auch andere Interessierte und so sind die
Veranstaltungen immer gut besucht.
Da es in der Umgebung keine weiteren
Ortsgruppen mehr gibt, hat die Gruppe beschlossen sich zu öffnen und ist
damit zugänglich für alle Interessierten in der Gemeinde Königswartha und
Umgebung.
Unser Commerau liegt inmitten von
Teichen. In ihnen werden Karpfen gezüchtet.Kraniche und Störche und auch
viele andere Vögel kann man an den Teichen,Wiesen und Gärten
beobachten.Orchideen und andere seltene Pflanzen haben wir in der Natur.
Besucht uns und freut euch darüber.
Aber das Wichtigste ist, dass es in
Commerau noch Sorben gibt.
Alenka Hager
Artikel aus “Serbska protyka 2011”
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